Allgemeines
Wanderwege erfreuen eine Vielzahl von Menschen, junge wie alte. Wandern ist gesund und macht glücklich, denn es fördert nachweislich die Produktion des Glückshormons Endorphin.
Das Wort „Verkehrssicherungspflicht“ sorgt im Zusammenhang mit Wanderwegen aber immer noch bei einigen für Kopfschmerzen und ein übles Gefühl in der Magengegend. Vor allen Dingen Grundstückeigentümer sorgen sich oftmals darum, bei Unfällen in ihrem Wald oder auf ihren Wegen haftbar gemacht werden zu können. Diese nachvollziehbaren Sorgen können allerdings inzwischen durch eine angepasste Gesetzeslage zerstreut werden.
Wichtig für Themen rund um Wanderwege und Verkehrssicherungspflicht sind das Bundeswaldgesetz (BWaldG), das Bundesnaturschutzgesetz (BNatSchG), das Landesnaturschutzgesetz NRW, das Landesforstgesetz bzw. Landeswaldgesetz (LFoG) und das Landschaftsgesetz NRW (LG). Hinzu kommt ein wegweisendes Urteil des Bundesgerichtshofs (BGH) vom 2. Oktober 2012 (Az.: III ZR 352/13).
Duldung
Die Regelungen in Bezug auf Waldgebiete weichen nur in wenigen Punkten von denjenigen für die freie Landschaft ab. Das Betreten auch privater Waldgebiete ist grundsätzlich jedem zu Erholungszwecken gestattet. In der freien Landschaft ist das Betreten von privaten Wegen und Pfaden, von Wirtschaftswegen, Feldrainen, Böschungen und landschaftlich nicht genutzten Flächen ebenfalls grundsätzlich für Erholungssuchende gestattet. Eigentümer müssen das Betreten des Waldes und der freien Landschaft durch Wanderer also dulden. Dies gilt übrigens nur für Einzelpersonen und Kleingruppen, nicht für Großveranstaltungen, an denen mehrere Hundert Personen teilnehmen. Hierfür muss die Zustimmung der Eigentümer eingeholt werden.
Zudem muss auch die Kennzeichnung von Wanderwegen durch hierzu befugte Organisationen – und hierzu gehört der WHB – geduldet werden. Die verwendeten Markierungszeichen müssen eine bestimmte Größe einhalten, dürfen nur mit Farbe aufgebracht, geklebt oder mit Aluminiumnägeln befestigt werden und sie müssen einmalig vom Land genehmigt werden. Das weiße X und die weiße Raute, die der WHB vornehmlich benutzt, sind solche genehmigten Zeichen. Ihre Anbringung muss geduldet werden, solange keine baulichen Anlagen verunstaltet werden und durch die Anbringung keine Beschädigung hervorgerufen wird. Markierungszeichen gehören (zumindest ohne Absprache mit den Eigentümern) demnach weder auf Hauswände noch auf Gartenzäune, Verkehrsschilder o. ä.
Zudem bemühen sich die Wegezeichnerinnen und Wegezeichner des WHB stets um Kontaktaufnahme zu Grundstückseigentümer/Innen, wenn sie Wegstücke wissentlich über Privatgrund legen möchten.
Haftung/Verkehrssicherung
Alle oben genannten Gesetze betonen ganz deutlich, dass das von den Eigentümern zu duldende Betreten für den Erholungssuchenden auf eigene Gefahr erfolgt. Das bedeutet, dass jeder Wanderer für sich selbst verantwortlich ist und für Eigentümer keine Haftung für typische, sich aus der Natur heraus ergebende Gefahren besteht. Sowohl im Wald als auch in der freien Landschaft ist mit bestimmten Gefahren zu rechnen. So können überall wo Bäume stehen Wurzeln aus dem Boden wachsen, Äste herabfallen, Blätter eine rutschige Schicht bilden, matschige Stellen oder Schlaglöcher entstehen. Dies nennt der Gesetzgeber eine typische bzw. eine waldtypische Gefahr. Sogar abgestellte und fahrende Forstmaschinen bzw. Landmaschinen u.v.m. gelten als solche. Jeder, der sich in der freien Natur bewegt, geht wissentlich das Risiko ein, auf diese Gefahren zu treffen. Ganz ausdrücklich vermerkt beispielsweise das BNatSchG, dass den Eigentümern aus der eingeräumten Betretungsbefugnis für Fremde keine zusätzlichen Sorgfaltsmaßnahmen oder Verkehrssicherungspflichten auferlegt werden. An dieser Sachlage ändert sich auch dann nichts, wenn ein Weg, z. B. weil er ein ausgewiesener Wanderweg ist, stärker frequentiert wird als andere. Regelmäßige Baumkontrollen wie dies im Grenzbereich von Privatgrundstücken zu öffentlichen Wegen und Straßen vorgeschrieben ist – unabhängig davon ob hier ein Wanderweg entlangführt oder nicht – sind laut BGH-Urteil von 2012 Grundstückseigentümern nicht zuzumuten.
Eine Einschränkung bilden die sogenannten Megagefahren. Hierbei handelt es sich um für jeden – auch für Laien – sichtbare Gefahren, die zu schweren Verletzungen führen können. Dies gilt beispielsweise wenn sich ein Baum schon mit angehobenem Wurzelteller sichtlich über den Weg geneigt hat und herabzustürzen droht. Waldbesitzer sind nicht verpflichtet, nach solchen Gefahrenstellen zu suchen, müssen diese jedoch beseitigen, sobald sie Kenntnis davon erhalten haben.
Eine Verkehrssicherungspflicht für Grundstückeigentümer besteht nur in Bezug auf sogenannte atypische Gefahren. Dabei handelt es sich um künstlich errichtete, bauliche Anlagen wie Brücken, Tische, Bänke oder Holzstapel. Hier besteht eine besondere Sorgfaltspflicht und im Falle eines Unfalls eine Haftung seitens der Eigentümer. Die Verkehrssicherungspflicht kann allerdings auf andere Personen oder Institutionen übertragen werden, z.B. an einen Heimatverein, der an einem Wanderweg eine Ruhebank aufstellt. Mit der Verkehrssicherungspflicht sind in einem solchen Fall bestimmte Auflagen verbunden wie z. B. eine regelmäßige Kontrolle nach der Funktionstüchtigkeit. Wenn diese Auflagen erfüllt werden, können Träger der Verkehrssicherungspflicht ebenfalls nicht belangt werden.
Beispiel
Die Klage einer durch einen Astabbruch im Wald schwer verletzten Frau wurde abgewiesen, da es sich bei einem Astabbruch um eine Gefahr handelt, „die in der Natur des Baumes begründet war“. „Die Gefahr eines Astabbruches wird nicht deshalb, weil ein geschulter Baumkontrolleur sie erkennen kann, zu einer im Wald atypischen Gefahr, für die der Waldbesitzer einzustehen hätte. So urteilte der Bundesgerichtshof am 2.10.2012.
Literatur
Neben den oben genannten Gesetzestexten ist die Broschüre „Verkehrssicherungspflicht der Waldbesitzer“ aus dem Jahr 2015 zu empfehlen. Hrsg.: aid infodienst (Land- und Hauswirtschaftlicher Auswertungs- und Informationsdienst e.V), Texte: Hugo Gebhard, ISBN: 978-3-8308-1172-5