Foto: © Oliver Klimke
WHB. Heimat. Westfalen.
Andreas Müller, Landrat des Kreises Siegen-Wittgenstein und Vorsitzender des Heimatbundes Siegerland-Wittgenstein; Dr. Georg Lunemann, Direktor des LWL und Vorsitzender des WHB; Bundespräsident a. D. Christian Wulff; WHB-Geschäftsführerin Dr. Silke Eilers; Steffen Mues, Bürgermeister der Stadt Siegen (v.l.). Foto/ Andrea Bowinkelmann/WHB

Anpacken statt Komfortzone

67. Westfalentag in Siegen setzt Zeichen für starke Demokratie

Heimat braucht Haltung – das Thema des diesjährigen 67. Westfalentages des Westfälischen Heimatbundes (WHB) am 25. Mai in Siegen hätte nicht aktueller sein können. Denn diese Heimat gerät zunehmend unter Druck. Über 300 Teilnehmende aus der westfälischen Engagementlandschaft, Politik und Verwaltung befassten sich mit Engagement für Zusammenhalt und Demokratie. Dabei bot der Westfalentag vielfältige inhaltliche Impulse, Gelegenheit zu Austausch und Vernetzung – ein Fest des Ehrenamtes für Demokratie.

Eröffnung des Westfalentages durch Dr. Georg Lunemann, Direktor des LWL und Vorsitzender des WHB. Foto/ Andrea Bowinkelmann/WHB

Bei seiner Eröffnung betonte Landesdirektor Dr. Georg Lunemann, Vorsitzender des Westfälischen Heimatbundes: „Es gibt keinen Markenschutz für den Begriff Heimat. Umso mehr braucht es eine klare Positionierung. Wir verstehen Heimat gerade nicht als idyllischen Ort des Rückzugs und der Abschottung, sondern als gemeinsamen Verantwortungsraum.“ Namentlich die vielen freiwillig Engagierten stünden für eine Haltung des Anpackens. „Heimat lebt von einer aktiven Zivilgesellschaft, in welcher Menschen das eigene Lebensumfeld gestalten und Sorge tragen für eine offene, plurale Gesellschaft, sich gegen Rassismus, Fremdenfeindlichkeit und Antisemitismus stark machen, auch auf Sylt! Heimatarbeit ist gelebte Demokratiearbeit. Demokratie ist Bühne – nicht Zuschauerraum.“

Bundespräsident a. D. Christian Wulff bei der Festrede. Foto/ Andrea Bowinkelmann/WHB

Nach einer digitalen Videobotschaft des Ministerpräsidenten des Landes Nordrhein-Westfalen, Hendrik Wüst, hielt Bundespräsident a. D. Christian Wulff die Festrede. Seine brillante Analyse der Gesellschaft in Deutschland war präzise Inventur und bewegender Weckruf zugleich. „Wann, wenn nicht jetzt, werden alle aufwachen, wenn wieder auch von jungen Leuten Nazi-Parolen in diesem Land gesungen werden. Es ist etwas ins Rutschen gekommen und 2024/2025 könnten zu Schicksalsjahren der Demokratie werden.“ Wulff appellierte, dass jetzt alle ihre Verantwortung erkennen müssen. Dabei sah er insbesondere auch die Familien und die Nachbarschaften in der Pflicht. Für eine enkeltaugliche Zukunft gehe es um Kooperation statt Konfrontation. Dafür gelte es auch, Menschen mit Einwanderungsgeschichte für das Land zu gewinnen, statt sie zu ignorieren oder oft nur zu problematisieren.

Über 300 Gäste aus ganz Westfalen waren zum 67. Westfalentag nach Siegen gekommen. Foto/ Andrea Bowinkelmann/WHB

Landrat Andreas Müller, der als Vorsitzender des Heimatbundes Siegerland-Wittgenstein zum Westfalentag mit eingeladen hatte, lobte das vielfältige Ehrenamt in der Region. 67 Prozent der über 18-Jährigen sind hier laut frisch erschienenem Ehrenamtatlas freiwillig engagiert – die zweithöchste Quote in NRW. Siegens Bürgermeister Steffen Mues freute sich anlässlich des 800-jährigen Jubiläums der Stadt, im Rahmen des Westfalentages Teilnehmende aus dem ganzen Landesteil in der grünsten Großstadt Deutschlands begrüßen zu dürfen. Eine besondere Ehre wurde dem ehemaligen Bundespräsidenten Wulff und Landesdirektor Lunemann mit dem Eintrag in das Goldene Buch der Stadt zuteil.

Auftritt des Aalto Kinderchors aus Essen. Foto/ Andrea Bowinkelmann/WHB

Die Grundrechte zum Klingen brachte im wahrsten Sinne des Wortes der Aalto Kinderchor aus Essen, einer der Preisträger des Songcontests des Landesmusikrates Nordrhein-Westfalen im Rahmen des 75. Geburtstags des Grundgesetzes. Der Chor unter Leitung von Patrick Jaskolka beeindruckte das Publikum mit seiner Interpretation der Artikel 1 (Würde des Menschen) und 10 (Briefgeheimnis, Post- und Fernmeldegeheimnis) sowie drei weiteren Stücken aus seinem Repertoire.

Wie Demokratiebildung ganz praktisch gelingen kann diskutierte WHB-Geschäftsführerin Dr. Silke Eilers mit Hubertus Winterberg von der Südwestfalen Agentur, Olaf Kemper vom Heimatbund Siegerland-Wittgenstein, Dr. Andreas Schulze vom Regionalbüro Westfalen der Konrad-Adenauer-Stiftung und Stefan Rieker vom Landesverband NRW des Paritätischen. Foto/ Andrea Bowinkelmann/WHB

Wie erreichen wir diejenigen, die wenig Vertrauen in Demokratie und Beteiligungsprozesse haben? Wie geht man im Engagement mit extremistischen Anfeindungen um? Mit diesen und vergleichbaren Fragen befasste sich die Gesprächsrunde unter Leitung von WHB-Geschäftsführerin Dr. Silke Eilers. Gute Formate politischer Bildung für junge Menschen stellte Dr. Andreas Schulze, Leiter des Regionalbüros Westfalen der Konrad-Adenauer-Stiftung vor. Den Zusammenhang von Regionalentwicklung und Demokratieförderung beleuchtete Hubertus Winterberg, Geschäftsführer der Südwestfalen Agentur. Olaf Kemper, stellvertretender Vorsitzender des Heimatbundes Siegerland-Wittgenstein, betonte die Bedeutung von Dritten Orten für den gesellschaftlichen Zusammenhalt. Stefan Rieker vom Paritätischen NRW ging auf die Ansprache bildungsferner und benachteiligter Gruppen sowie Unterstützungsmöglichkeiten für Engagierte ein.

Das „Abenteuer Heimat“ wurde auf dem Markt der Ideen unter anderem mit der Darstellung des Haubergswesens lebendig. Foto/ Andrea Bowinkelmann/WHB

Ein abwechslungsreicher Markt der Ideen im Foyer gab unter dem Motto „Abenteuer Heimat“ Gelegenheit, die Aktivitäten ehrenamtlicher Akteure aus Siegen-Wittgenstein und regionale Besonderheiten wie etwa die Backeskultur und das Haubergswesen kennenzulernen. Darüber hinaus waren verschiedenste Multiplikatoren mit ihren Angeboten vertreten.

Nachmittags wurde in einem gut nachgefragten Workshop über die Geschichte der westfälischen Heimatvereine diskutiert. Alternativ vermittelte das Exkursionsprogramm bei strahlendem Sonnenschein Einblicke in die gastgebende Stadt Siegen. Hier standen unter anderem Stadtführungen, das Haus der Musik, das Siegerlandmuseum im Oberen Schloss und eine Bergbauwanderung auf dem Programm.


Archiv Westfalentage

Freuen sich auf den Westfalentag (v.l.): Werner Dürdoth, 1. stellvertretender Landrat des Kreises Höxter; Dr. Georg Lunemann, Direktor des LWL und Vorsitzender des WHB; MdL Matthias Goeken; Landtagspräsident André Kuper; Thomas Tenkamp, Geschäftsführer der Kulturstiftung der Westfälischen Provinzial Versicherung; Dr. Silke Eilers, Geschäftsführerin des WHB; Daniel Hartmann, Bürgermeister der Stadt Höxter; Arnd Paas, Vorstandsvorsitzender Sparkasse Paderborn-Detmold-Höxter. Foto/ Sarah Jonek/WHB

66. Westfalentag 2023 in Höxter

WHB diskutierte über nachhaltiges Engagement

Am Samstag, 3. Juni, veranstaltete der Westfälische Heimatbund e. V. (WHB) den 66. Westfalentag mit rund 350 Teilnehmenden aus der westfälischen Engagementlandschaft, Politik und Verwaltung in Höxter. Die Veranstaltung stand unter dem Titel „Da geht noch was! – nachhaltiges Engagement“ und befasste sich mit Gelingensbedingungen für ein zukunftsfähiges Ehrenamt.

Bei seiner Eröffnung betonte Dr. Georg Lunemann, Direktor des LWL und Vorsitzender des WHB: „Das Ehrenamt ist in aller Munde. Öffentliche Wertschätzung ist zentral – dies bedeutet jedoch im Kern echte Mitbestimmung zu ermöglichen und Strukturen engagementfreundlich zu gestalten.“ Lunemann sprach sich für eine verbindliche Anerkennung bürgerschaftlichen Engagements aus. „Wir bringen uns als Dachverband der Heimat-, Bürger- und Kulturvereine in Westfalen in die aktuelle Diskussion ein, indem wir konkret eine Anerkennung durch Rentenpunkte, Senkung bürokratischer Auflagen, eine Vereinfachung von Zuwendungsverfahren und mehr Rechtssicherheit durch Entlastung bei Haftungsrisiken fordern.“

Dr. Georg Lunemann, Direktor des LWL und Vorsitzender des WHB, eröffnet den Westfalentag. Foto/ Sarah Jonek/WHB

In seiner Festrede bedankte sich André Kuper, Präsident des Landtags, bei den Anwesenden für ihr Engagement und die Zeit, welche sie anderen schenken: „Ehrenamtlerinnen und Ehrenamtler, Nachbarschaft, Verwurzelung und Brauchtum machen unsere Heimat lebenswert: Denn ohne innere Heimat verlieren wir Menschen die Orientierung, haben wir keinen Kompass. Das Ehrenamt ist nachhaltig, es erfüllt die Menschen, es stiftet Sinn.“ Um das Ehrenamt zu stärken, habe er auch die neue Ehrenamtsmedaille des Landtags ins Leben gerufen.

Landtagspräsident André Kuper hält die Festrede. Foto/ Sarah Jonek/WHB

Das vielfältige lokale wie regionale bürgerschaftliche Engagement lobten Höxters Bürgermeister Daniel Hartmann und der 1. stellvertretende Landrat des Kreises Höxter, Werner Dürdoth, in ihren Grußworten. Im Rahmen der Veranstaltung zeichnete der WHB-Vorsitzende auch den Heimat- und Verkehrsverein der Kernstadt Höxter e. V. für sein 140-jähriges Wirken aus.

In den Gesprächsrunden unter Leitung der WHB-Geschäftsführerin Dr. Silke Eilers wurde zum einen darüber diskutiert, wie man Engagement strategisch stärken kann. Dr. Lilian Schwalb, Geschäftsführerin Netzwerk und Politik im Bundesnetzwerk Bürgerschaftliches Engagement, ging auf die Erwartungen hinsichtlich der geplanten Bundesengagementstrategie ein. Finn Brüning, Referatsleiter beim Deutschen Städte- und Gemeindebund, erläuterte, warum es ein Ehrenamtsfördergesetz braucht. Die Vorsitzende der lagfa NRW e. V., Stephanie Krause, blickte auf die Landesebene und hob als eine der Sprecherinnen des Netzwerks bürgerschaftliches Engagement NRW die Bedeutung von Vernetzung und Fortbildungen hervor.

Foto/ Sarah Jonek

In einer zweiten Runde ging es zum anderen um Anregungen für die Praxis. Die freiberufliche Prozessbegleiterin Mária Ács vermittelte Tipps für die Organisationsentwicklung von Vereinen. Christian Einsiedel vom Netzwerk „Land.macht.Zukunft“ zeigte auf, was den Kreis Höxter zum Innovationsland macht. Prof. Dr. Matthias Freise vom Institut für Politikwissenschaft an der Universität Münster erzielte viel Aufmerksamkeit mit seiner Darstellung der fünf Todsünden des Vereinsmanagements.

Foto/ Sarah Jonek/WHB

Mit Spannung erwartet wurde die Verleihung von „Rolle vorwärts – der Preis des Westfälischen Heimatbundes für frische Ideen“. Mit dieser zum mittlerweile fünften Mal verliehenen Auszeichnung prämiert das Kuratorium des WHB seit 2015 besonders vorbildliches ehrenamtliches Engagement von Heimatakteurinnen und -akteuren in Westfalen. Dotiert ist der Preis mit jeweils 4.000 Euro, gestiftet durch die Kulturstiftung der Westfälischen Provinzial Versicherung und die Sparkassen in Westfalen-Lippe.

Der Geschäftsführer der Kulturstiftung der Westfälischen Provinzial Versicherung, Thomas Tenkamp, zeichnete in der Kategorie Innovation den Arbeitskreis Nieheimer Flechthecken im Heimatverein Nieheim e. V. für sein gleichnamiges Projekt aus und würdigte damit den Einsatz für Kulturlandschaft, Natur und Klima sowie das immaterielle Kulturerbe. Über den Nachwuchspreis freute sich der Verein für Herforder Geschichte e. V. mit seinem Projekt „Gertrud – Ein Theaterstück“, den Arnd Paas, Vorstandsvorsitzender der Sparkasse Paderborn-Detmold-Höxter überreichte. Mit dem Projekt wurde Kultur für junge Zielgruppen auf attraktive Weise erfahrbar gemacht und von ihnen selbst aktiv gestaltet.

Der Arbeitskreis Nieheimer Flechthecken im Heimatverein Nieheim e. V. wird mit „Rolle vorwärts“ ausgezeichnet. Thomas Tenkamp, Geschäftsführer der Kulturstiftung der Westfälischen Provinzial Versicherung, und WHB-Vorsitzender Dr. Georg Lunemann mit den Preisträgern (v.r.). Foto/ Sarah Jonek/WHB
Für das Projekt „Getrud – Ein Theaterstück“ wird der Verein für Herforder Geschichte e. V. mit dem Nachwuchs-Preis von „Rolle vorwärts“ prämiert. WHB-Vorsitzender Dr. Georg Lunemann (hinten 2.v.r.) und Arnd Paas, Vorstandsvorsitzender der Sparkasse Paderborn-Detmold-Höxter, (hinten r.) mit den Preisträgern. Foto/ Sarah Jonek/WHB

In einem gut nachgefragten Workshop am Nachmittag konnten die Teilnehmenden mit WHB-Referentin Frauke Hoffschulte, Sarah Kissler vom Sauerländischen Gebirgsverein e. V. und Referentin Mária Ács das Tagungsthema nochmals vertiefen. Alternativ bot ein attraktives Exkursionsprogramm bei strahlendem Sonnenschein Einblicke in die Landesgartenschau, die Historie des Welterbes Corvey und die Stadtgeschichte. Die jungen Gäste des Westfalentages haben mit Begeisterung die Technik des Heckenflechtens auf dem Gelände der Landesgartenschau gelernt.

Das abwechslungsreiche Exkursionsprogramm stieß auf reges Interesse. Foto/ Sarah Jonek/WHB

Abschied und Neuanfang beim Westfalentag: Der scheidende WHB-Vorsitzende Matthias Löb (2. v. r.), der künftige WHB-Vorsitzende Dr. Georg Lunemann, WHB-Geschäftsführerin Dr. Silke Eilers, und die stellvertretende WHB-Vorsitzende Birgit Haberhauer-Kuschel (v. l.). Foto/ WHB/Jürgen Appelhans

Westfalentag 2022 in Arnsberg

Wie haben die Pandemie und der damit einhergehende Digitalisierungsschub das Ehrenamt verändert? Wie kann der digitale Wandel aktiv gestaltet werden? Was sind gelingende Strategien, um freiwilliges Engagement zukunftsfest aufzustellen? Mit diesen Fragen hat sich am vergangen Samstag, 21. Mai, der 65. Westfalentag des Westfälischen Heimatbundes e. V. (WHB) im Sauerland-Theater in Arnsberg befasst.

Im Anschluss an die Mitgliederversammlung des Dachverbandes für rund 600 Heimat-, Bürger- und Kulturvereine sowie 700 ehrenamtliche Heimatpflegerinnen und -pfleger eröffnete der Vorsitzende des Westfälischen Heimatbundes, Matthias Löb, den Westfalentag. „Digitalisierung ist kein Selbstzweck, sondern nützliches Werkzeug, das Potentiale für Kommunikation, Öffentlichkeitsarbeit und Vereinsmanagement bietet. Das soziale Miteinander, die Gemeinschaft vor Ort wird diese jedoch nicht ersetzen können. So kommt es auf die richtige Mischung an“, so Löb in seiner Begrüßungsrede. „Dafür braucht es eine passgenaue Beratung, die Vermittlung von Kompetenzen wie etwa mit der Westfalen-Akademie und Vernetzung. Hier sehen wir unseren Auftrag als WHB.“

 

  • Blick ins Plenum. Foto/ Jürgen Appelhans/ WHB

  • Das Foyer des Sauerland-Theaters bot Raum für Austausch und die Stände der WHB-Kooperationspartner.  Foto/ WHB/Jürgen Appelhans

  • Impulse für das Engagement: Gesprächsrunde mit Ulrike Petzold, Geschäftsführende Vorständin Dachverband der Kulturfördervereine in Deutschland e. V. (DAKU), Eckhard Uhlenberg, Präsident der NRW-Stiftung, und WHB-Geschäftsführerin Dr. Silke Eilers (v.l.)

  • „Das digitale Dorf von morgen“: Heidrun Wuttke, Projektkoordinatorin für „Dorf.Zukunft.Digital“ und "Dorf.Gesundheit.Digital“ im Kreis Höxter, Dr. Pia Steffenhagen-Koch, Regionalmagerin Kreis Minden-Lübbecke, Projekt „Mühlenkreis 2.0 – SMARTversorgte Dörfer“, Dipl.-Ing. Dana Kurz, Projektleiterin „Digitale Dorf.Mitte“ in Wittgenstein und WHB-Geschäftsführerin Dr. Silke Eilers in der Gesprächsrunde (v.l.) Foto/ WHB/Jürgen Appelhans

  • Poetryslammer Marius Hanke, alias Zwergriese, bei seinen bewegenden Worten über Heimat und wie wir sie gemeinsam gestalten können. Foto/ WHB/Jürgen Appelhans

  • Am Nachmittag erarbeiteten die Teilnehmenden der gut besuchten Zukunftswerkstatt „Vernetzt! Ehrenamt im digitalen Raum“ mit digitalen Endgeräten und Moderationskarten ihre Ideen zur digitalen Zusammenarbeit. Foto/ WHB/Sarah Pfeil

  • Das vielfältige Exkursionsprogramm stieß auf reges Interesse. Foto/ WHB/Jürgen Appelhans

Der Arnsberger Bürgermeister Ralf Paul Bittner würdigte in seinem Grußwort das 100-jährige Wirken des Arnsberger Heimatbundes, welcher die Einladung für die Durchführung des großen Forums des WHB in Arnsberg ausgesprochen hatte. „Mit seinen generationenübergreifenden Angeboten, die auch digitale Medien berücksichtigen, leistet der Arnsberger Heimatbund eine hervorragende Arbeit.
So ist das bürgerschaftliche Engagement ein wesentlicher Pfeiler der Stadt Arnsberg, die als Smart City auch die Chancen technischer und sozialer Innovationen für alle Lebensbereiche auslotet.“
Für seinen Einsatz erhielt der Arnsberger Heimatbund, der auch aufgrund der Nutzung neuer Medien während der Pandemie seine Mitgliedszahlen erweitern konnte, die Ehrenurkunde des WHB.

In seiner Festrede deutete Hannes Jähnert, Vorstandsreferent der Deutschen Stiftung für Engagement und Ehrenamt, die Digitalisierung als Kulturwandel in der Bürgergesellschaft, der zu Beschleunigung und ständiger Verfügbarkeit, aber auch zu Resonanz führen könne, da es letztlich um ein gutes Miteinander und Teilhabe gehe. Er plädierte für Gelassenheit im digitalen Wandel und gesunden Pragmatismus.

In den Gesprächsrunden unter Leitung der WHB-Geschäftsführerin Dr. Silke Eilers wurden zum einen wegweisende Initiativen für die Unterstützung und Förderung freiwillig Engagierter im Prozess der Digitalisierung vorgestellt. Ulrike Petzold, Geschäftsführende Vorständin des Dachverbandes der Kulturfördervereine in Deutschland e. V. (DAKU), präsentierte das Pilotprojekt des digitalen Werkzeugkastens. Der WHB möchte die gemeinsam mit Jugendlichen entwickelten digitalen Anwendungen im Rahmen einer Kooperation mit dem DAKU künftig auch für NRW nutzbar machen. Über Fördermöglichkeiten digital ausgerichteter Projekte aus dem Ehrenamt informierte Eckhard Uhlenberg, Präsident der NRW-Stiftung.

Wie das digitale Dorf von Morgen in der Praxis aussehen kann, zeigten zum anderen Projektkoordinatorin Heidrun Wuttke aus dem Kreis Höxter anhand von „Smart Country Side“ und „Dorf.Zukunft.Digital“, Dr. Pia Steffenhagen-Koch, Regionalmanagerin im Kreis Minden-Lübbecke mit dem Projekt „Mühlenkreis 2.0 – SMARTversorgte Dörfer“ oder Dipl.-Ing. Dana Kurz in Bezug auf die „Digitale Dorf.Mitte“ in Siegen-Wittgenstein. Deutlich wurde, die Menschen haben verstanden, dass digitale Tools die Möglichkeit eröffnen, das eigene Dorf selbstorganisiert nach vorne zu bringen. Notwendig sind jedoch Kümmerer vor Ort, Schulungen und geeignete Rahmenbedingungen sowie Förderung. Dann können beispielsweise das digitale Erzählcafé, die Dorf-Webseite mit Schnittstelle zum Dorffunk oder ein digitales Schwarzes Brett gelingen.
„Wir wissen, dass Heimat nicht Stillstand bedeuten darf“, brachte es Marius Hanke alias Zwergriese in seinem Poetry Beitrag zum Thema Heimat auf den Punkt. Impulse gaben auch die ersten digitalen Erklär-Videos des WHB, die im Rahmen des durch die DSEE geförderten Modellprojektes „Digitalen Herausforderungen begegnen – Zukunftsperspektiven ehrenamtlicher Heimatarbeit“ entstanden sind.
In einer gut nachgefragten Zukunftswerkstatt am Nachmittag konnten die Teilnehmenden mit WHB-Referentinnen Anna Schlottbohm und Sarah Pfeil das Tagungsthema nochmals vertiefen. Alternativ bot ein attraktives Exkursionsprogramm Einblicke in Stadtgeschichte und Natur. Die jungen Gäste des Westfalentages haben in einem kreativen Medienworkshop in Kooperation mit UZWEI_Kulturelle Bildung im Dortmunder U und im Escape Room zur Sonderausstellung „Du Hexe!“ im Sauerland-Museum viel Freude gehabt.

Der Westfalentag war auch insofern ein besonderer, da Matthias Löb nach acht Jahren als Vorsitzender des Westfälischen Heimatbundes offiziell verabschiedet und sein designierter Nachfolger Dr. Georg Lunemann vorgestellt worden ist. „Es ist sicherlich das Verdienst von Matthias Löb, dass der WHB und seine Mitglieder in der Region und weit darüber hinaus in den letzten Jahren eine neue Wahrnehmung und Wertschätzung erfahren haben“, waren sich die Laudatorinnen Birgit Haberhauer-Kuschel, stellvertretende Vorsitzende des WHB, sowie WHB-Geschäftsführerin Dr. Silke Eilers einig. „Wir haben Herrn Löb als jemanden erlebt, dem das freiwillige Engagement ein wirkliches Herzensanliegen ist. Es ist ihm immer darum gegangen, Strukturen nachhaltig zu verbessern, etwas zu bewegen und in die Zukunft zu entwickeln – dabei nie von oben herab, sondern auf Augenhöhe.“ Die Gäste des Westfalentages würdigten sein ehrenamtliches Engagement für die Heimatbewegung Westfalens mit langanhaltendem Applaus. In der Mitgliederversammlung war er kurz zuvor zum Ehrenmitglied des WHB gewählt worden.


Westfalentag 2020 und 2021 pandemiebedingt ausgefallen



Westfalentag 2019 in Hattingen

Perspektiven für junges Engagement

Rund 350 Gäste inklusive Jugendprogramm lockte am Samstag, 21. September 2019, der 64. Westfalentag des Westfälischen Heimatbundes e. V. (WHB) ins LWL-Industriemuseum Henrichshütte nach Hattingen. Bei diesem großen westfalenweiten Forum befassten sich Teilnehmende der Heimat- und Kulturlandschaft aus der Region mit der Zielgruppe Kinder und Jugendliche. Dabei stand im Themenjahr des WHB „Heimat für Kinder und Jugendliche“ im Fokus, wie die Ansprache junger Menschen für ihre lokale und regionale Umgebung erfolgreich gelingen kann.

Im Anschluss an die Mitgliederversammlung des Dachverbandes für rund 565 Heimatvereine und 700 ehrenamtliche Heimatpfleger eröffnete der Vorsitzende des Westfälischen Heimatbundes, Matthias Löb, den Westfalentag. „Es lohnt jede Anstrengung, Kindern und Jugendlichen das Wissen um die Schönheit und Vielfalt der Natur zu vermitteln, ihnen historische Traditionen weiterzugeben und ihnen den Blick für die Besonderheiten historischer Gebäude zu schärfen“, so Löb in seiner Begrüßungsrede. „Es ist die zentrale Aufgabe für uns als Dachverband und die lokalen Heimatakteure.“ Es gebe Mut machende Beispiele, wie sowohl das aktuelle Engagement junger Menschen gegen den Klimawandel als auch Projekte aus der Arbeit der Heimatvereine zeigten.

Für die Sparkassen in Westfalen-Lippe übergab der Generalbevollmächtigte der Sparkasse Westmünsterland, Wolfgang Niehues, in der Kategorie Nachwuchs den Preis an den Heimatverein Burlo-Borkenwirthe e. V. aus dem Kreis Borken. Ausgezeichnet wurde das Film-Projekt „Heimat 2 Punkt Null“ (Verlinkung zu Youtube). 19 Jungen und Mädchen im Alter von 11 bis 14 Jahren haben auf Initiative des Heimatvereins eine Video-Reportage über ihre Heimat gedreht. Die ursprüngliche Idee, Kinder und Jugendliche durch neue Medien für die Arbeit im Heimatverein zu begeistern und Aufmerksamkeit für ihr Lebensumfeld zu wecken, ist in diesem durchaus auch übertragbaren Projekt gelungen. Die Kinder haben sich über mehrere Monate mit Herausforderungen und Chancen ihrer Heimatregion und aktuellen gesellschaftlichen Debatten beschäftigt.

Erfolgreiche Beispiele aus der lokalen Arbeit mit Kindern und Jugendlichen vermittelte dann auch ein als Gastgeschenk zum diesjährigen Westfalentag produzierter Film. Dieser ist Teil der WHB-Filmreihe „Heimat-Puls“ und präsentierte vier exemplarisch ausgewählte Konzepte – von der Sommeraktion Stadtsteine des Heimatvereins Hattingen/Ruhr e. V. über das junge, dem Hagener Heimatbund e. V. angegliederte Stadtteilmagazin „089magazin wehringhausen“ bis hin zum Nistkastenbau beim Heimatverein Wulfen 1922 e. V. und zur Beteiligung des Stadtverbandes für Heimatpflege in Lünen e. V. am Projekt Kulturstrolche.

Nach dem Grußwort des Hattinger Bürgermeisters Dirk Glaser folgte die Verleihung von „Rolle vorwärts“ – dem Preis des Westfälischen Heimatbundes für frische Ideen – als ein besonderer Höhepunkt des Tages. Mit dieser zum mittlerweile dritten Mal verliehenen Auszeichnung prämiert das Kuratorium des WHB seit 2015 besonders vorbildliches ehrenamtliches Engagement von Heimatakteurinnen und -akteuren in Westfalen. Zum einen wird ein impulsgebendes Projekt für die Heimatarbeit in Westfalen gewürdigt. Zum anderen wird ein Nachwuchspreis an ein außergewöhnlich engagiertes Projekt von, für oder mit jungen Menschen vergeben. Dotiert ist der Preis mit jeweils 4.000 Euro. Die Auszeichnungen werden durch die Kulturstiftung der Westfälischen Provinzial Versicherung sowie die Sparkassen in Westfalen-Lippe gestiftet. In 2019 sind über 50 Bewerbungen eingegangen.

Der Vorstandsvorsitzende der Provinzial NordWest Holding Dr. Wolfgang Breuer zeichnete in der Kategorie Innovation den Heimatverein Ottenhausen e. V. mit seinem Natur- und Umweltschutzprojekt „Vollendung des Biotopverbundsystems Multhöpen / Sassenbrink / Brede“ aus. Der im Kreis Höxter ansässige Heimatverein setzt sich für den Erhalt von insgesamt 40 ha Natur- und Kulturlandschaft ein. Das gestiftete Preisgeld soll in einen zu schaffenden Pflege- und Entwicklungsfonds zur dauerhaften Unterhaltung der Naturschutzflächen einfließen. Mit seinem aktiven und auf Beständigkeit angelegten Engagement für Landschaft und Naturschutz habe der Verein Ottenhausen Vorbildcharakter. Dieses Projekt, bei welchem ein Stück Heimat langfristig erhalten und gestaltet werde, könne anderen Initiativen, Dörfern und Regionen wertvolle Impulse für die eigene ökologische Arbeit geben.

In seinem Festvortrag ging Prof. Dr. Ulrich Deinet von der Hochschule Düsseldorf auf Lebenswelten Jugendlicher heute ein. Sein Fazit: Um junge Menschen zu erreichen, gelte es Nahräume zu stärken und Räume für wirkliche Partizipation zu schaffen, damit junge Menschen ihre Umgebung als Heimat wahrnehmen können. Der öffentliche Raum müsse als Aneignungs- und Bildungsraum wiederbelebt werden.

Ausgehend von diesem Impuls bot die sich anschließende Gesprächsrunde unter Leitung von WHB-Geschäftsführerin Dr. Silke Eilers Anregungen für Umsetzungsmöglichkeiten in der Praxis. Max Pilger, hauptamtlicher Landesvorsitzender des Bundes der Deutschen Katholischen Jugend Nordrhein-Westfalen, plädierte dafür, Beteiligungs- und Freiräume für Kinder und Jugendliche zu schaffen. Dafür sollten diesen auch Entscheidungskompetenzen eingeräumt werden. Auch Elisabeth Heeke von der Servicestelle für Kinder- und Jugendbeteiligung NRW beim LWL-Landesjugendamt sah Mitbestimmung und Mitentscheidung als wesentlichen Schlüssel für die Gewinnung junger Menschen an. Die Servicestelle regt demokratische Prozesse der Teilhabe von Kindern und Jugendlichen in den Kommunen an, begleitet und unterstützt diese. Kinder- und Jugendparlamente sind dafür ebenso Beispiele wie auch das Projekt „Provinzhelden“ im Kreis Steinfurt, wo Jugendliche Verantwortung für die Belange von jungen Menschen auf Gemeindeebene übernehmen und auch andere Jugendliche zu gesellschaftlichem Engagement motivieren. Vorsitzender Lars Friedrich ging auf altersgruppenspezifische Angebote des Heimatvereins Hattingen/Ruhr e. V. ein und stellte u. a. die kreisweiten themenbezogenen Schreibwettbewerbe mit Schülerinnen und Schülern als ein Erfolgsmodell vor. Vanessa Burneleit vom NABU Natur- und Jugendzentrum Voßgättters Mühle e. V. in Essen erläuterte ein NABU-Programm, das Menschen in der nachberuflichen Phase die Durchführung von Natur- und Umweltbildung in Kitas eröffnet.

Den vertiefenden Workshop am Nachmittag nutzten die Teilnehmerinnen und Teilnehmer intensiv, um gemeinsam über die in der Gesprächsrunde gehörten Ansätze zu sprechen. Dabei wurde die zugrundeliegende Zielsetzung der Kinder- und Jugendarbeit in Heimatvereinen und dörflichen Strukturen diskutiert. Der von den Referentinnen der WHB-Geschäftsstelle gestaltete Workshop bot Raum für den Austausch von Erfahrungen in der Projektarbeit. Die Gruppe erarbeitete schließlich gemeinsam Lösungswege und Konzeptvorschläge für die praktische Heimatarbeit.

Ein umfangreiches Exkursionsprogramm bot bei schönstem Wetter Angebote am Veranstaltungsort und in der Umgebung, darunter Führungen durch die Hattinger Altstadt, einen Besuch der Ruine Isenburg und eine Wanderung in der Elfringhauser Schweiz.

Die jungen Gäste des Westfalentages konnten unter anderem von einem Profi das Handwerkszeug für das Fotografieren und Filmen mit dem Smartphone erlernen oder sich kreativ bei der Metallverarbeitung betätigen.