"Beseitigung statt Schutz - WHB fürchtet um die Denkmallandschaft in NRW"
Interview mit Dr. Silke Eilers, Geschäftsführerin des Westfälischen Heimatbundes e. V. (WHB)
15.03.2021
Die Landesregierung plant eine Neufassung des Denkmalschutzgesetzes NRW. Der nach einer Verbändeanhörung bereits überarbeitete Entwurf wurde Anfang März der Öffentlichkeit vorgestellt. Die Geschäftsführerin des Westfälischen Heimatbundes, einer der mitgliederstärksten Heimatverbände in Deutschland, sieht weiterhin Gefahren für das baukulturelle Erbe im Land.
Gibt es aus Sicht des WHB die Notwendigkeit, das Denkmalschutzgesetz NRW zu ändern?
Eilers: Wir sind der Ansicht, dass sich das Denkmalschutzgesetz des Landes Nordrhein-Westfalen in seiner bestehenden Fassung grundsätzlich bewährt hat. Dies betrifft auch das arbeitsteilige Zusammenspiel der beteiligten Ebenen. Einzelne Modifizierungsbedarfe könnten ohne größere Änderungen des Gesetzes vorgenommen werden.
Das Denkmalschutzgesetz NRW ist seit seinem Inkrafttreten bereits mehrfach evaluiert worden. Auch die verschiedenen Bestandsaufnahmen sahen es überwiegend als geeignetes Instrument zur Bewahrung des baukulturellen Erbes des Landes an und empfahlen allenfalls geringfügige Änderungen von Einzelaspekten.
Was sind die Hauptkritikpunkte des WHB?
Eilers: Nach der letzten Verbändeanhörung hat es von verschiedenen Seiten deutliche Kritik an dem vorgelegten Gesetzesentwurf gegeben. In diesem Kontext hat sich auch unter Beteiligung des WHB ein Denkmal-Schutzbündnis landes- sowie bundesweiter Verbände und Initiativen, die sich seit Jahren erfolgreich für Denkmalpflege und Denkmalschutz stark machen, formiert.
Denkmäler sind zu schützen - so hieß es bisher klar zu Beginn des Gesetzes. Diese eindeutige Aussage soll durch eine neu formulierte Passage ersetzt werden. Dies ist symptomatisch. Der nun vorgelegten Fassung des Gesetzes fehlt es aus unserer Sicht an dem Charakter eines Schutzgesetzes. Anstelle der Erhaltung und Bewahrung von Denkmälern wird die (wirtschaftliche) Nutzung und Umnutzung in den Fokus gestellt. Wie wir bereits bei unserer letzten Stellungnahme verdeutlicht haben, weicht man mit der Neufassung des Denkmalschutzgesetzes NRW die bisherigen Standards zum Denkmalschutz zugunsten sachfremder Aspekte wie etwa in Bezug auf Wirtschaft und Klima auf. Das bedeutet eine deutliche Verschlechterung für die Zukunft des baukulturellen Erbes. Dabei ist es doch so, dass gerade der Bereich der Denkmalpflege als vorbildlich im Umgang mit natürlichen Ressourcen anzusehen ist und Nachhaltigkeit lebt. Hier wird graue Energie erhalten, natürliche Baustoffe und Handwerker aus der Region werden eingesetzt.
Unsere Kritik betrifft auch den Wegfall der sogenannten Benehmensherstellung und den Ersatz durch eine freiwillige Anhörung der Fachleute bei den Landschaftsverbänden. Die Denkmalämter der Landschaftsverbände haben aufgrund ihrer anerkannten Expertise und ihrer fachlichen Weisungsungebundenheit in der Vergangenheit die Funktion eines Anwaltes und Fürsprechers der Denkmäler übernommen. Wenn künftig diese Kenntnisse nicht mehr in der bewährten Form abgerufen werden, wird ein von der Baupraxis geprägtes Verwaltungsverfahren im Zentrum stehen, das überdies auch von Kommune zu Kommune unterschiedlich gehandhabt wird. Denkmalpflege ist jedoch mehr als ein Verwaltungsakt. Keine Seite wird von diesem Vorgehen profitieren - am wenigsten jedoch die Baudenkmäler.
Was begrüßen Sie an dem Entwurf?
Eilers: Wir begrüßen die bessere Förderung von Denkmälern wie auch die Einrichtung eines Landesdenkmalrates, den wir als partizipatives Element bereits seit längerem eingefordert haben, um verstärkt gesellschaftlichen Gruppen eine Stimme zu geben. Doch damit ist es nicht getan. Unser Ziel als Dachverband ist es, Kompetenzen in der Bürgerschaft zu entwickeln und zu fördern. Wir engagieren uns nachdrücklich für eine systematische Stärkung des Ehrenamtes als Träger von Civil Science. Dies bezieht sich auch auf die Rolle der ehrenamtlich Tätigen in der Denkmalpflege. So plädieren wir auch weiterhin dafür, die ehrenamtlichen Beauftragten für Denkmalpflege nicht als "Kann", sondern als "Soll" vorzusehen.
Erfreulich an dem Entwurf des Gesetzes ist auf den ersten Blick eine geplante Stärkung der Bodendenkmalpflege, wobei man sich auch hier noch einmal sehr genau die Details anschauen muss.
Die positiven Aspekte können jedoch die negativen Auswirkungen für unsere Baukultur nicht aufwiegen.